Im Rahmen unseres Fachtages luden wir am 20.10.2023 Fachkräfte aus der Senior*innenarbeit zu einem Austausch über den Umgang mit lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und anderen queeren Menschen (kurz: LSBTIQ*) in der Senior*innenarbeit ein.
Die Veranstaltung vermittelte Wissen über Lebensrealitäten von LSBTIQ*-Senior*innen, gab Einblicke in die praktische Arbeit von Einrichtungen, die LSBTIQ*-sensibel arbeiten und lud Fachkräfte dazu ein, Neugier und Offenheit für die Thematik zu entwickeln.
Auch wenn die Offenheit für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche Lebensentwürfe in Deutschland wächst, sind LSBTIQ*-Menschen noch immer im hohen Maße individuellen und strukturellen Diskriminierungen ausgesetzt. Vor allem für hochaltrige LSBTIQ*-Menschen stellt dies eine besondere Herausforderung dar, schließlich waren sie bereits in jungen Jahren durch den Nationalsozialismus und auch in den Folgejahren aufgrund der politischen Gegebenheiten mit Kriminalisierung oder sogar mit dem Tod konfrontiert.
- Welchen Herausforderungen begegnen dabei Fachkräfte der Senior*innenarbeit und -pflege?
- Welche Ressourcen für eine vielfaltssensible Arbeit existieren und wie können diese konkret in der Praxis umgesetzt werden?
Wir freuen uns, dass wir mit zahlreichen Interessierten ins Gespräch kommen konnten und gemeinsam erste Handlungsmöglichkeiten einer LSBTIQ*-sensiblen Senior*innenarbeit und -pflege erarbeiten konnten. Ein ausführlicher Bericht folgt an dieser Stelle in den kommenden Woche.
Veranstalter*innen: Thüringer Staatskanzlei, Stadt Gera, LSBTIQ*-Koordinierungsstelle im Thüringer Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt
Die Fachvorträge
Diversität im Alter - Erfahrungen und Bedarfe älterer lesbischer Frauen in einer heteronormativen Gesellschaft
Reingard Wagner (Vorstand Dachverband Lesben und Alter e.V.) - Bisher gibt es noch wenige Forschungsergebnisse für die Gruppe LSBTIQ*. Die Gruppe der LSBTIQ*-Senior*innen zeigt kein einheitliches Bild und besonders für die Gruppe der älteren lesbischen Frauen gibt es wenige Forschungsansätze. Ihre Bedarfe im Alter unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen biografischen Erfahrungen sollen mehr in den Vordergrund gestellt werden. Anhand dieser Gruppe lassen sich verschiedene (sich teilweise überschneidende) Diskriminierungsmerkmale aufzeigen: weiblich, lesbisch, alt sowie die Unsichtbarkeit sowohl innerhalb der LSBTIQ*Community als auch insgesamt in unserer heteronormativen patriarchalen Gesellschaft. Ein veränderter Blick auf die bestehenden Altersbilder ist nicht nur für diese Gruppe dringend notwendig, um Diversität auch im Alter aufzuzeigen.
Praxisbeispiel: LSBTIQ*-sensible Pflege und Betreuung bei der MÜNCHENSTIFT
Michael Härteis (Leitung der Stabsstelle Vielfalt, MÜNCHENSTIFT) - In unserer Einzigartigkeit wahrgenommen, anerkannt, betreut und versorgt zu werden, ist eine ganz wesentliche Voraussetzung für ein glückliches Dasein. Vielfalt in der Altenpflege bedeutet für uns, dass wir Unterschiede anerkennen und die Bedürfnisse, Wünsche und Lebensentwürfe von Senior*innen, besonders jene von LSBTIQ*-Menschen, berücksichtigen. Wir unterstützen die Selbstbestimmung und Autonomie von Senior*innen und schaffen dadurch eine wesentliche Voraussetzung für ein glückliches Dasein. Für die MÜNCHENSTIFT bedeutet das: In unseren Einrichtungen sind alle Menschen willkommen und wir begegnen uns mit gegenseitigem Respekt.