Eingabehilfen öffnen

Als Antwort auf einen offenen Brief an Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht zur Fortführung der Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen (LSBT*I), lud Staatssekretär und Regierungssprecher Peter Zimmermann am heutigen Montag zu einem runden Tisch in die Thüringer Staatskanzlei ein. "Die Landesregierung ist sehr an einem gemeinsamen Dialog und Austausch interessiert", begrüßte Zimmermann die Vertreter_innen der sechzehn unterzeichnenden Organisationen des offenen Briefes auch mit ausdrücklichem Gruß durch die Regierungschefin.

Im Gespräch stellten die Vereine eine Reihe von Handlungsfeldern vor, in denen eine Gleichstellung insbesondere seitens der Gesetzgebung dringen notwendig sei. Conrad Gliem vom LSVD Thüringen e.V. verwies hierbei insbesondere auf die Beamtenversorgung, die in Thüringen nicht rückwirkend zum Datum der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes gleichgestellt wurde: "Bereits 2009 wiesen wir auf diesen Verfassungsbruch hin, der durch das höchstrichterliche Urteil des Bundesverfassungsgericht kürzlich nochmal untermauert wurde." Aber auch die Gleichstellung in weiteren Thüringer Landesgesetzen sei längst überfällig.

Der Staatssekretär im Thüringer Sozialministerium, Dr. Schubert, kündigte die Einrichtung einer Thüringer Antidiskriminierungsstelle voraussichtlich noch in diesem Jahr an. "Dies ist ein wichtiger Schritt, auch um die vielen ehrenamtlich im Freistaat tätigen Akteuer_innen zu unterstützen", erklärte Matthias Gothe vom Vielfalt Leben – QueerWeg Verein für Jena & Umgebung e.V. Gemeinsam mit anderen Vereinen hatte Gothe bereits im Gleichstellungsausschuss des Thüringer Landtages für die Einführung einer solchen Stelle geworben, nachdem das Sozialministerium noch zu Jahresmitte keine Notwendigkeit für eine solche Stelle sah.

Als weiteren wichtigen Punkt hoben Simon Steinecke (Studierendenprojekt QueErfurt) und Marcel Helwig (AG Diversity der GEW Thüringen) den Bildungsbereich hervor. "Wichtig ist die Herausstellung der Gleichwertigkeit", so Steinecke. Über produktive Gespräche im Thüringer Bildungsministerium berichtete Helwig "gemeinsam mit dem Ministerium, dem Schulaufklärungsprojekt miteinanders und einem Bildungsforscher der Universität Jena haben wir begonnen, die Themenbereiche Lehrpläne, Lehrmedien und Lehrendenbildung zu bearbeiten. Das Ministerium hat hier eine intensive Zusammenarbeit begonnen".

Auf einen Punkt des offenen Briefes ging Regierungssprecher Zimmermann besonders ein: Zu der vorgeschlagenen Würdigung des im letzten Jahr verstorbenen, letzten bekannten Rosa-Winkel-Häftling Rudolf Brazda, organisiere die Landesregierung bereits eine offizielle Gedenkveranstaltung: Im Deutschen Nationaltheater Weimar, einen weit über Deutschland hinaus bekannten Ort, solle Brazda am 23. Juni 2013 stellvertretend für viele Menschen gewürdigt werden, die auch im einst so bunten Thüringen wegen ihres Andersseins verfolgt und inhaftiert worden sind. "Ministerpräsidentin Lieberknecht wird hierzu anwesend sein, auch Vertreter aus der Bundespolitik haben bereits ihre Teilnahme angekündigt", so Zimmermann, der für die Vorbereitung auch die Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld eingeladen hat.

Wie wichtig eine bedarfsgerechte, sensible Finanzierung von Aufklärungsprojekten sei, hob Madlen Nagel vom AIDS-Hilfe Weimar & Ostthüringen e.V. hervor: "Leider gibt es in Thüringen keine Finanzierung für Aufklärungsarbeit gerade bei unseren wichtigsten Adressaten: Männern, die Sex mit Männern haben (MSM). Hier müssen wir ehrenamtliche Arbeit leisten". Auch Gothe unterstrich die Notwendigkeit einer sicheren institutionellen Absicherung, gerade durch finanzielle Mittel: "Zwar gibt es mit dem Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ein tolles Instrument für Projektfinanzierungen. Aber für eine gute Arbeit ist gerade eine sichere Langzeit-Finanzierung wichtig." Gothe regte hier an, Mittel, wie die, die für die Gedenk­veranstaltung für Rudolf Brazda zur Verfügung stünden, auch in die queere Vereinsstruktur zu leiten. "Hier steht beispielsweise das erst kürzlich gegründete ‘queere Netzwerk Thüringen’ zur Verfügung, in dem sich derzeit zahlreiche Vereine zusammenschließen."

Zum Abschluss versprach Staatssekretär Zimmermann eine Fortsetzung des runden Tisches voraussichtlich für März 2013. Schwerpunkt-Thema solle dann der Bildungsbereich sein. Bis dahin sollten zu den anderen genannten Themen gemeinsame Arbeitsgruppen gebildet werden, die in der Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und den Vereinen entsprechende Detailzuarbeiten leisten sollen.